Keine Spur von Verliererschule
Pädagogik – Mit der Projektprüfung sollen Hauptschüler für ihr späteres Arbeitsleben fit gemacht werden
WALDDORFHÄSLACH. Magdalena spricht von der »größten Versuchung der Welt«, der Schokolade, Özden hält eine Schüssel mit Kakaobohnen in die Runde und Julien organisiert gleichzeitig die Power Point-Präsentation am Beamer. Das Trio steckt mitten in der Projektprüfung, die seit dem Schuljahr 2001/2002 Teil der Abschlussprüfung an der Hauptschule ist und die laut Kultusministerium »eine zeitgemäße Antwort auf die veränderten Anforderungen unserer Gesellschaft und Arbeitswelt« sein soll.
Nach den Berliner Vorfällen ist die Hauptschule in Verruf geraten. Doch von wegen Verliererschule. Die Anforderungen an die Prüflinge der Abschlussklasse sind hoch und die Ergebnisse können sich sehen lassen, wie das Beispiel Gustav-Werner-Schule in Walddorfhäslach zeigt.
Fast ein halbes Jahr bereiteten sich Magdalena, Özden und Julien auf ihre Projektprüfung vor. Sie recherchierten im Internet, stöberten einschlägige Bücher durch, schrieben Firmen an, sammelten Schokoladenverpackungen, Kakaobohnen, stellten eigene Pralinen her und suchten nach Bildermaterial für die Power Point-Präsentation. Neben ihrem Prüfungsvortrag bauten sie zusätzlich eine kleine Ausstellung zum Thema »Schokolade« auf.
Das meiste lief neben dem Unterricht her. »Wir haben uns sehr viel in der Freizeit getroffen«, berichtet Magdalena. »Es ist wichtig, rechtzeitig anzufangen«, fügt Özden hinzu. Und Julien weist darauf hin, dass sie gemeinsam den Auftritt stundenlang geprobt haben.
Die drei haben sich die Präsentation aufgeteilt. Magadalena erklärt den Kakaobaum, Özden reist zurück in die Geschichte der Schokolade zum »Gold der Azteken« und Julien beschreibt Ernte und Kakaomarkt. Alles haben die drei Hauptschüler in ihren Vortrag eingebaut, von den Anfängen, dem Indianerstamm der Olmeken, die erstmals Schokolade tranken, bis zur Herstellung der heutigen Tafel Schokolade, die für manche sogar ein »Suchtmittel« sein kann.
Zwanzig Schüler machen derzeit an der Gustav-Werner-Schule ihren Abschluss und müssen sich deshalb der Projektprüfung stellen. Neben dem Thema Schokolade ging es dabei auch um die Geschichte der Traktorenfirma Fendt, ebenfalls mit Power Point-Präsentation und einer Traktorenausstellung. Eine Gruppe nahm sich der Geschichte ihres Heimatortes Walddorfhäslach an. Die anderen stellten die USA vor, zeigten die Stationen der Raumfahrt oder hatten sich dem etwas exotischen Thema der griechischen Landschildkröte verschrieben.
Bei der Auswahl der Themen sind die Schüler relativ frei. »Die Lehrer zeigen nur verschiedene Beispiele auf«, erklärt Konrektor Norbert Fehrle. Die Schüler wählen schließlich ihr Thema und bilden selbstständig eine Gruppe. »Darauf hat der Lehrer keinen Einfluss«, sagt Fehrle.
Nach dem Prüfungsplan stehen vor der Prüfung noch 16 festgelegte Arbeitsstunden für die Schüler auf dem Unterrichtsprogramm, in denen zwei Lehrer die Entwicklung des jeweiligen Projekts beobachten und »auch noch lenkend eingreifen und Impulse geben können, falls etwas ganz schief läuft«.
Die Projektprüfung ist vor der eigentlichen Abschlussprüfung, um »den Schülern schon im Vorfeld Erfolgserlebnisse zu ermöglichen«, meint Fehrle. Die Projektprüfung wird benotet. Dabei spielt nicht nur das Ergebnis eine Rolle, sondern der ganze Entwicklungsprozess. Es gibt keine Gruppennote, jeder Einzelne wird getrennt bewertet. Neben der Note steht im Abschlusszeugnis der Hauptschule zudem noch eine verbale Beurteilung des Projektes durch die jeweiligen Prüfer. (GEA)