Jetzt hat das Ministerium den Ball
Gustav-Werner-Schule will einzügige Werkrealschule werden
Helmut Rau hat Ausnahmen von der Regel zugesagt, die Gustav-Werner-Schule hat die Chance ergriffen. Beim Regierungspräsidium stellte sie im November den Antrag auf eine einzügige Werkrealschule.
Die Werkrealschule und grundsätzliche Themen waren am Mittwoch Gegenstand einer Gesprächsrunde in der Gustav-Werner-Schule mit Rektor Ralf-Michael Röckel, Konrektor Norbert Fehrle, dem Elternbeiratsvorsitzenden Thomas Ettenbacher und dem stellvertretenden IHK-Hauptgeschäftsführer Walter Herrmann. Dabei herrschte Einigkeit darüber, dass es auch einzügige Werkrealschulen geben müsse, wenn die Qualität des Angebots stimme.
In Walddorfhäslach sei dies der Fall, waren sich die Gesprächspartner einig. Und einig war sich die Runde auch darin, „dass man die Schule im Dorf lassen“ müsse. Röckel: „Wer die Schule im Ort verliert, hat seine Jugend schon verloren.“ Eine Gemeinde könne sich nur mit einer Schule weiterentwickeln. Soweit das strukturpolitische Argument. Ein anderes bezieht sich auf die Qualität des Schultyps selbst: „Wollen wir eine gute Hauptschule oder eine Werkrealschule, zu deren Aufnahme eine befriedigende Leistung (Note 3,4) bereits ausreicht?“ Dass damit der Quantität Vorrang vor der Qualität eingeräumt werde, war es, woran sich die Runde störte. Besser wäre es doch, die Hauptschule stark zu reden, ihren Schülern eine Perspektive zu eröffnen, ihnen Mut zu machen und engagiert auf deren verzögerte Entwicklungen einzugehen – Qualität eben anzubieten, sagte Röckel.
Wie mehrfach berichtet, stellt die Einführung der Werkrealschule Schulträger vor schwer wiegende Probleme. Letztlich werden die Eltern ihre Kinder auf die neue Werkrealschule schicken – und der Hauptschule die Schüler davonlaufen. Trotz dieser befürchteten Entwicklung hat sich der Gemeinderat in der letzten Dezembersitzung einstimmig für den Erhalt der mit einem besonderen Profil ausgestatteten einzügigen Gustav-Werner-Schule ausgesprochen. Im Dezember wurde auch der Antrag auf eine einzügige Werkrealschule gestellt, weshalb allerdings die von Kultusminister Helmut Rau in Aussicht gestellte Ausnahmeregelung greifen müsse. Freilich, so Röckel, sei immer noch nicht klar, welchen Kriterien eine einzügige Werkrealschule denn nun genügen solle.
Als ein Argument könnte die Zustimmung der Eltern herangezogen werden. Tatsächlich stehen sie nach einer Umfrage zu ihrer Hauptschule. 95 Prozent sind mit der Gustav-Werner-Schule zufrieden. Zufrieden sind auch die Schüler. Praktisch alle Neuntklässler, berichtete Konrektor Fehrle, würden den mittleren Bildungsabschluss in Walddorfhäslach anstreben wollen – so denn die Möglichkeit dazu bestünde.
Tatsächlich bemühe man sich in Walddorfhäslach seit Jahren um einen mittleren Bildungsabschluss für leistungsfähige Schüler, was auch mit der erfolgreichen Konzeption begründet wird. Nach der Devise „Anschluss ist wichtiger als Abschluss“, könne man eine „hervorragende Vermittlungsquote“ am Ende der Hauptschulzeit vorweisen.
Das war schließlich auch der Grund, für den in Altenried wohnenden Thomas Ettenbacher, seinen Sohn auf die Gustav-Werner-Schule nach Walddorfhäslach zu schicken. „Wir haben hier eine optimale Ausbildung vorgefunden“, für deren Erhalt er sich als Elternbeiratsvorsitzender auch politisch einsetze. „Mir sträuben sich die Nackenhaare, wenn ich daran denke, dass nur zweizügige Hauptschulen Werkrealschulen werden können.“
Auch für die Industrie- und Handelskammer hat dieses Argument Gewicht. Doch wolle sich die IHK nicht in die Pro- und Contra-Debatte einmischen. „Das Werkrealschule-Konzept ist nicht schlecht“, sagte Herrmann, das durchaus Zukunft habe, wenn sich die Eltern nach vier Grundschuljahren dafür entscheiden. Doch gebe es auch viele gute Gründe, sich für die Gustav-Werner-Schule als Hauptschule oder einzügige Werkrealschule stark zu machen. Tatsächlich schauten die Betriebe wieder darauf, woher die Jugendlichen kommen. „Wer einen guten Hauptschulabschluss vorweisen kann, hat bessere Chance als jemand mit einem mittleren Bildungsabschluss nach der zweijährigen Berufsfachschule.“ Im Bereich des Handwerks verfügen derzeit 67 Prozent, im Bereich der IHK 25 Prozent der Auszubildenden über einen Hauptschulabschluss.
Einig war sich die Runde aber auch darin, dass man in der Gesellschaft neu über die Wertigkeit von Abschlüssen nachdenken müsse. Für Röckel ist es nachgerade „fatal“, dass Abschlüsse in der Bildungspolitik eine so große Rolle spielen. In der Gustav-Werner-Schule lege man Wert auf „Anschlüsse“, darauf, dass die Schüler möglichst im System der dualen Ausbildung ankommen. Dank des Netzwerks, das man mit Betrieben im Umkreis von 20 Kilometern geknüpft habe, sei dies auch gelungen. Verlöre hingegen eine Gemeinde ihre Schule, ob sie nun Hauptschule oder Werkrealschule sei, würde es auch diese Netzwerke nicht mehr geben und im Übrigen eine Möglichkeit für Spätentwickler wegfallen, die in der Theorie vielleicht schwächer sind, sich aber in Praktika mit guten Leistungen für eine Ausbildung empfehlen konnten.
Fazit des Gesprächs: Die Gustav-Werner-Schule muss im Ort bleiben und dank der von ihr erbrachten Qualitätsbeweise möglichst auch den mittleren Bildungsabschluss anbieten dürfen. Röckel: „Nach unserem Antrag sind Regierungspräsidium und Land aufgefordert, die Kriterien für eine Ausnahmereglung klar zu benennen.“
Info
Siehe www.gustavwernerschule.de
Zertifikat für die Berufswegeplanung
Die Gustav-Werner-Schule zeichnet sich durch ein Konzept aus, das in den oberen Klassen eine fundierte Vorbereitung für die Berufsausbildung und die Mittlere Reife an weiterführenden Schulen vorsieht. Besondere Bedeutung kommt der Berufswahl zu. Zusammen mit den Gewerbetreibenden und der Agentur für Arbeit wurde hierzu eine Konzeption erarbeitet. So absolviert die 8. Klasse jeden Dienstag ein Tagespraktikum in einem Betrieb. Im Jahr 2008 wurde die Schule von der Berufswahlinitiative „Boris“ für ihre Berufswegeplanung zertifiziert.